8.7.12

Das Entscheidende entsteht nebenbei - Fragebogen der Dresdner Neuesten Nachrichten


Sie haben drei Wünsche frei...
Ich würde mir, drei goldene Haare wünschen... Wenn‘s aber gleich sein soll:
1. erhalte meine Familie, 
2. bring mich einmal um die Welt und 
3.lass mich  Andrea Pirlo sein, der im Viertelfinale gegen England den Elfmeter cool gegen Joe Hart in die Mitte lupft.

Ihr Lebensmotto?
Das Entscheidende entsteht nebenbei.

Worauf sind sie stolz?
…auf meine Kinder und bin da sicher in guter Gesellschafft mit allen anderen Eltern. Es ist beeindruckend die Mädchen heranwachsen zu sehen.

Was ist Ihnen peinlich
Ich bin neulich in der Straßenbahn kontrolliert worden und hatte meine Monatskarte zu Hause vergessen. 

Was schätzen Sie an sich?
Ich bin ehrlich, gerade aus und äußerst fleißig, wenn es mich interessiert.

Was möchten Sie gern ändern?
Ich wäre so gerne pünktlich. Ich bin unverbesserlich unpünktlich, aber wie sagte neulich mein Regisseur Holger Böhme: „in seiner Unpünktlichkeit ist er zuverlässig“!

Worüber können Sie lachen?
Über Buster Keaten, Jacques Tati und Charlie Chaplin, über Lorio und über meine Töchter, wenn sie mich nachmachen.

Wo hört bei Ihnen der Spass auf?
Bei Gewaltverherrlichung und Demonstrationsrecht für Neonazis.

Was würden Sie für Geld nicht tun?
Ich würde nie jemanden verraten.

Was ist Genuss?
Langsamkeit. Ich liebe die Langsamkeit. Frühstücken bis 16.00 Uhr, einkaufen bis du das Schließpersonal mit dem Vornamen kennst, in der Kneipe noch die Stühle mit hoch stellen.

Wobei werden Sie schwach?
Bitterschokolade, Rennräder, Rotwein, Goethe, Clapton.

Welcher Verzicht würde Ihnen am schwersten fallen?
Kaffee, Theater, Laufen.

Haben Sie ein Vorbild?
Nein.

Wer ist der Held Ihrer Kindheit?
Das war Meister Nadelöhr aus dem Kinderfernsehen, er wohnte nicht weit von meinem Elternhaus in Berlin. Er hatte viele Probleme mit sich und dem Alkohol und lebt nicht mehr. Ich hätte das lieber nicht gewusst.

Würden Sie gern woanders leben?
Eigentlich nicht, aber der Gedanke, dass ich‘s könnte, beruhigt mich.

Mit wem würden Sie gern mal einen Monat tauschen?
Mit meiner Katze Lotta. Manchmal Nachts, wenn ich ihr so die Milch gebe
Komme ich ins rezitieren: „Haste jut jefuttert? Wurdste jern bemuttert?
Haste jut jefressen? Wars jerecht bemessen? Haste jut jetafelt? Wurd nich rumjeschwafelt? Hast jenug vom Atzen? Jeht et jetzt ans Ratzen?Na denn penn ma jut!“ Das ist von Robert Gernhardt. Einen meiner liebsten Dichter. Sie schnurrt dann, denn sie mag Gedichte. 

Welcher Politiker genießt Ihr Vertrauen?
Fällt mir keiner ein.

Was würden Sie gern – auch gegen den Willen einer Mehrheit – durchsetzen
Nahverkehrsmittel sollen für jedermann umsonst sein. Ich würde das prozentual mit Steuergeldern finanzieren. Öffentliche Toiletten haben mit Großzügigkeit und Offenherzigkeit zum Nulltarif zur Verfügung zu stehen. Jedes Restaurant, jede Gastwirtschaft ist im Sinne der  Menschenwürde verpflichtet ein Glas Wasser und eine Scheibe Brot auszuteilen, wenn jemand sehr große Not hat, auch wenn er nicht bezahlen kann. Darüber hinaus würde ich mich freuen, wenn man Fahrradfahrer lobt und öffentlich umarmt.

Wofür würden Sie viel Geld ausgeben?
Für meine Frau.

Was fehlt Ihnen zum Glück?
Ich bin sehr dankbar dafür, wie es gerade ist.

Wofür sind Sie dankbar?
Na, ich habe eine tolle Familie und manchmal haken wir uns auch, aber der eine fängt den anderen auf und wir bringen uns weiter und beraten uns gegenseitig. Leben heißt ja auch einen langen Atem zu behalten. Ich habe gelernt geduldig zu sein. So, wie ich heute bin, wie ich arbeite, unter welchen Umständen ich mich äußern darf, bin ich glücklich. Ich spiele in einem traumhaften Theater, mit wundervollen Schauspielern und ich liebe es vor Leuten zu stehen. Ich fühle mich wohl, wenn der Vorhang auf geht.

Welches Ziel möchten Sie unbedingt noch erreichen?
Marathon.

Was möchten Sie gern noch erleben?
Ich würde sehr gerne in den Iran, in das Land meines Vaters.  Mein Vater lebt in Berlin mit meiner Mutter und wird nicht mehr mitkommen. Ich kenne das Land nur von seinen Erzählungen. Manchmal hatten wir auch fernen Besuch. Man saß tagelang auf unseren großen Teppichen in der Berliner Wohnung, aß Nüsse und redete lautstark  in einer mir unverständlichen Sprache. Wenn ich ihnen Led Zeppelin vorspielte nahmen sie mich zärtlich in den Arm und beteten für mich. Mit zunehmender Dauer meines Lebens melden sich nun die Gene, die ja halb iranisch sind. Was ist zu Hause? Da wo man ist? Da wo man herkommt? Da wo man hingeht? Ich weiß es nicht.

Welchen Satz hätten Sie gern in ihrer Grabrede?
Er war eine Rampensau, aber von der feinen Art.


Wen möchten Sie im Jenseits treffen?
Ach ich weiß nicht, manchmal bin ich auch gern allein.


(für die DNN aufgeschrieben im Juli 2012)